Für viele ist ein remote Job ein unerreichbares Ziel. Irgendwo in weiter Ferne! Das, wovon man nur träumt. So war es auch bei mir! Man hört und liest zwar überall, das in America schon viele Angestellte remote arbeiten, aber in Deutschland ist von diesem Trend noch herzlich wenig zu spüren. Klar, man könnte Freelancen, dafür braucht man allerdings schon einige Jahre Erfahrung & ein Netzwerk, auf dem aufgebaut werden kann. Außerdem fehlt die Sicherheit, dass am Ende jeden Monats Geld auf dem Konto landet. Komfortabler ist es da natürlich, wenn man in einem festen Arbeitsverhältnis steht, mit Sicherheiten auf der einen Seite und die Freiheiten eines Freelancers auf der Anderen. Eine Traumvorstellung? Nein, aber ein Drama in 4 Akten:
Akt #1: Früher kommen, aber bitte später gehen
Als ich vor 2 1/2 Jahren ins Arbeitsleben einstieg, war ich voller Vorfreude und voller (viel zu hoher) Erwartungen. Im Studium wird dir beigebracht, dich selbst zu organisieren, dir deine Zeit selbst einzuteilen und vor allem eigenintitativ zu lernen & und dich zu strukturieren. In unserer „modernen“ Arbeitswelt dann das komplette Gegenteil: Feste Arbeitszeiten von 9-18 Uhr (von den Überstunden mal ganz abgesehen) und eine vorgeschriebene 1-stündige Mittagspausen warteten in meinem ersten Job bei einer PR Agentur.
Das Ganze habe ich mir ein Jahr angeschaut, war aber nach einem halben Jahr schon so frustriert, dass ich anfing mich über Arbeitsmodelle zu erkundigen und Recherchen dazu anzustellen. Ich konnte doch nicht die Einzige sein, die nicht so unflexibel arbeiten & vor allem LEBEN wollte! Zu diesem Zeitpunkt bin ich das erste mal auf den Begriff „remote Work“ aufmerksam geworden. Ein Arbeitsmodell, bei dem flexible Zeiteinteilung und ortsunabhängiges Arbeiten im Fokus stehen sollte. Mit dem man Reisen & Arbeiten verbinden konnte! Das wollte ich auch!
Was habe ich also getan? Zunächst habe ich es nicht unversucht gelassen, meinen damaligen Chef von meinen Ansichten zu überzeugen. Also schlug ich ein flexibles Arbeitszeitmodell vor, ich würde gern schon früher, also vor um 9 Uhr mit der Arbeit beginnen, dafür am Abend bereits eher Feierabend machen, wenn meine Aufgaben erledigt sind. Man soll ja bekanntlich mit kleinen Zielen starten. Seine Antwort: „Das wäre aber total unfair den Anderen gegenüber, wenn du einfach immer eher gehst als alle andern!“. Total unfair wäre das, genau! Völliges Unverständnis! Bei meinem Chef, weil er nicht verstand, warum ich „einfach“, „immer“ früher gehen wollte. Und bei mir, weil meinem Chef offensichtlich nicht klar war, dass es am Ende auf die selbe Anzahl an Stunden herauslaufen würde. Darauf folgte meine Kündigung – die einzig logische Konsequenz für mich!
Akt #2: Wir sind flexibel, aber nur zwischen 9 und 10
Es folgte Job Nummer 2 im Online Marketing (immerhin schon einmal die richtige Richtung, für einen zukünftigen Remote Job); Gehalt: Na ja, Berliner Gehalt, das sagt denke ich schon alles; Arbeitszeiten: flexibel! Checkpot(!) und der Hauptgrund warum ich mich für diesen Job entschied. Wenn ich eher komme, dann kann ich natürlich auch eher gehen, die Arbeit muss eben gemacht & fertiggestellt werden. So die Worte meines neuen Arbeitgeber. Voll mein Ding, dachte ich mir. Ich konnte es kaum abwarten in mein freies, neues Leben zu starten!
Dann die Realität. Arbeitszeiten von 9-19 Uhr! Die versprochene Flexibilität bestand darin, zwischen 9 Uhr und 10 Uhr zu beginnen. Das hatte ich mir anders vorgestellt! ich fühlte mich, als würde ich rückwärts laufen und mich eher noch weiter von meinem Ziel entfernen. Wie sollte ich je einen ortsunabhängigen Job in Festanstellung finden wenn die deutschen Arbeitgeber noch nicht mal das Konzept von flexiblen Arbeitszeiten verstanden?
So langsam stellte sich bei mir Verzweiflung ein. Der zweite Job innerhalb von einem Jahr & ich konnte jetzt schon absehen, dass ich hier nicht ewig bleiben werde. Ich ging zu Vorträgen, auf Messen (wie z.B. das Travel Festival in Berlin), und Meet-Ups. Versuchte mit anderen remote Workern in Kontakt zu kommen, um mir Tipps einzuholen, wie sie den Sprung zum remote Job geschafft haben. Ich regte mich ständig über die Unflexibilität der deutschen Unternehmen auf, erzählte jedem, dass ich remote arbeiten möchte. Ob die Leute es hören wollten oder nicht. Das war mir egal, ich war auf der Suche nach Verbündeten.
Ich fiel in ein richtiges Loch, als ich bemerkte, dass es anscheinend ein unmögliches Vorhaben war, so einen Job zu finden. Fürs Freelancen hatte ich zu wenig Erfahrung. Außerdem war mir Freelancen zu ungewiss und unsicher. Die US Firmen, in denen Remote Kräfte gesucht wurden, schrieben nur Stellen für Senioren oder Direktoren aus. Wie zur Hölle soll man an sowas rankommen? Mit wohlgemerkt 2 Jahren Arbeitserfahrung! Ein Witz!
Kennt ihr das? Wenn ihr das Gefühl habt ihr hängt fest, könnt weder vor noch zurück, und dann passiert etwas völlig Unerwartetes: Es war ein Dienstag im Februar. Ich bekam einen Anruf von einer Freundin, die ich im Auslandsstudium in Taipeh kennen gelernt hatte. Sie war ganz aufgeregt und fragte mich ob ich 5 min Zeit hätte. Ich ging ins Treppenhaus um ungestört reden zu können. Und dann erzählte sie mir, sie hätte den perfekten Job für mich gefunden: Marketing in einem Start-Up mit Sitz in Frankfurt a.M.. Ich könnte aber von Berlin aus arbeiten. Oder von wo auch immer ich wollte. Und vor allem, wann ich wollte. Wichtig ist am Ende das Ergebnis der Arbeit! Ich stand im Treppenhaus und fing an zu träumen.
Akt #3: Hilfe – ein remote Job!
Und kennt ihr das? Wenn euer Ziel auf einmal zum greifen nah ist, dann wollt ihr es auf einmal doch nicht mehr? Ich war mir plötzlich total unsicher! Ist dass das Richtige für mich? Alleine in Berlin, ohne richtiges Team. Ein Aufgabenbereich der mich sicher am Anfang überfordern würde. Soviel Eigenverantwortung, dass es mir vielleicht doch zu viel wäre? Bin ich überhaupt schon bereit dafür? Ich frage mich echt, was in unserem Kopf in so einem Moment vorgeht. Wahrscheinlich ist das eine Art Schutzmechanismus, um am Ende nicht zu traurig zu sein, wenn das Vorhaben dann doch nicht funktioniert. Anders kann ich es mir nicht erklären.
Ich war also zunächst tatsächlich erst einmal abgeneigt. Doch nun zahlten sich meine Bemühungen der letzten 1 1/2 Jahre aus. Mittlerweile hatte ich mir ein Netzwerk aus „remote Workern“ aufgebaut, die mich allesamt darin bestätigten, dass dies der richtige Schritt ist. Die mir Mut machten. Und die mich darin bestärkten, diese Chance zu ergreifen. (Danke an dieser Stelle an Marc, für seine grenzenlose Unterstützung & das Durchhaltevermögen). Voller Ungewissheit kündigte ich Job Nummer 2, wieder nach genau einem Jahr. Absolutes Gefühlschaos: Vollkommen aus meiner Comfort Zone gerissen, voller Angst vor dem „Neuen“, super nervös wenn ich nur an meinen neuen Job dachte. Aber glücklich!
Akt #4: Happily ever after!
Seit 9 Monaten bin ich nun in Job Nummer 3 tätig. Und was soll ich euch sagen: Ich LIEBE es! Natürlich hat es Mut erfordert. Natürlich war es am Anfang nicht einfach. Und natürlich hat es mich an meine Grenzen gebracht. Gebe ich auch gerne ehrlich zu! Aber ist das nicht in jedem neuen Job so? Und sollte man für seine Träume nicht die erforderlichen Portion Mut aufbringen?
Jetzt, knapp ein dreiviertel Jahr nachdem ich die veralteten Systeme und festgefahrene Strukturen zu vieler Arbeitgeber hinter mir gelassen habe, kann ich mir überhaupt nicht mehr vorstellen, in ein „normales“ Arbeitsverhältnis“ zurückzukehren. Ich habe mich so an meine Freiheiten gewöhnt und würde diese nie wieder missen wollen. Remote Work ist für mich keine Traumvorstellung mehr, sondern zur Realität geworden. Und jeder von euch kann das auch schaffen!
Drama Ende! Aber mit happy End!
Und jetzt genug von mir! Was sind eure Erfahrungen in Bezug auf Flexibilität eures Arbeitgeber? Seid ihr auch auf dem Weg zu einem remote Job? Oder habt sogar schon euer Ziel erreicht? Ich freue mich auf eure Stories 🙂
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