Wie so häufig im Leben ist auch beim ortsunabhängigen Arbeiten nicht alles Gold was glänzt. Natürlich sind die Vorteile und Gründe für einen remote Job offensichtlich, doch auch die Nachteile des remote Arbeitens dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Nur wer Vorteile und Nachteile ins Verhältnis setzt und sie gegeneinander abwägt kann wirklich entscheiden, ob die ortsunabhängige Arbeitsweise für einen selbst die Richtige ist.
Oben habe ich euch direkt auch meinen Artikel zu den Vorteilen des remote Arbeitens verlinkt. So habt ihr direkt einen Überblick über alle Pros und Cons um eine fundierte Entscheidung für euch bezüglich einer selbstbestimmten Arbeitsweise zu treffen.
Die andere Seite der Medaille: Nachteile des remote Arbeitens
Wenn man an einen remote Job denkt, kreisen die Gedanken direkt ums Arbeiten an den schönsten Orten der Welt und um ein unbeschwertes Leben. Dass das nicht ganz der Realität entspricht ist unterschwellig sicher allen klar. Ohne dir die Illusion nehmen zu wollen, möchte ich dennoch einmal die Nachteile des remote Arbeitens aus meiner Sicht zusammenfassen, um ein ganzheitliches, realistisches Bild über remote Jobs zu erstellen.
Der Arbeitsplatz überall auf der Welt
Fluch und Segen zugleich
Die Möglichkeit von überall auf der Welt arbeiten zu können ist für mich definitiv der Hauptgrund für ein remote Arbeitsverhältnis. Nichtsdestotrotz findet man mich selten am Strand auf den Bahamas oder den Malediven. Meistens bin ich in meiner Wahlstadt Berlin anzutreffen. Und das ist meine eigene Entscheidung, denn ich könnte natürlich auch dauerhaft nach Süd-Ost Asien gehen. Aber in Berlin habe ich meine Base, hier sind meine Freunde, meine Familie ist innerhalb von 2 Stunden zu erreichen. Hier ist meine kleine Wohnung die ich so sehr mag und in der ich mich zu Hause und angekommen fühle. Long Story Short: hier ist mein soziales Umfeld und mein Leben.
Und dieses Umfeld vermisse ich, wenn ich für mehrere Monate in einem anderen Land auf Entdeckungsreise gehe. Ich bin in einem Zwiespalt. Fühle mich gefangen zwischen 2 Stühlen – Auf der einen Seite möchte ich natürlich meine Freiheiten nutzen, die Welt entdecken, verschiedene Kulturen und Menschen kennenlernen. Auf der anderen Seite möchte ich aber auch mein Leben „zu Hause“ nicht verpassen.
Bis jetzt habe ich den Spagat relativ gut gemeistert, indem ich die Sommer vorzugsweise in Berlin verbringe und mir für die graue Jahreszeit einen Zweitwohnsitz suche. Dennoch muss man darauf vorbereitet sein, dass Lebensereignisse wie Hochzeiten, Geburtstage oder die Geburt vom Baby der besten Freundin auch mal ohne einen stattfinden werden. Das ist das Opfer, das man für einen remote Job bringt. Der größte Vorteil ist für mich aus diesen Gründen auch gleichzeitig der größte Nachteil am remote Arbeiten.
Arbeitsplatz am Strand?
Und noch ein kleiner Nachtrag noch zum Arbeiten am Strand: das ist das mediengemachte Bild von remote Arbeitern oder digitale Nomaden. Aber hast du schon mal versucht am Strand zu arbeiten? Abgesehen davon, dass man das notwendige Arbeitsequipment wie den Laptop nicht unbedingt den kleinen Sandkörnern aussetzen möchte – im Sonnenlicht ist fast nichts auf dem Bildschirm zu erkennen und in der prallen Sonne kann das konzentrierte Arbeiten schon mal zur Herausforderung werden. Co-Working Spaces an den schönsten Orten und mit Ausblick auf den Strand, jedoch im geschützten Schatten und mit Klimaanlage, sind hingegen real.
Arbeitspensum als Nachteil des remote Arbeitens
Diejenigen, die öfter mal im Home Office arbeiten, wissen worauf ich mit diesem Punkt hinaus will. Wenn man nicht mit seinen Kollegen und Chefs am selben Ort und im selben Büro arbeitet, tritt oft das Phänomen auf, dass man viel mehr arbeitet, als man es in eben diesem Büro tuen würde. Doch warum ist das so?
Ich denke, dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einem möchte man dem Bild des „däumchendrehenden“ Home Office- Arbeiter entgegenwirken, dass noch in vielen Köpfen fest verankert ist. Aus diesem Grund möchte man extra viel Leistung erbringen, um den Kollegen und Chefs zu beweisen, dass im Home Office oder im remote Arbeitsverhältnis auch wirklich gearbeitet wird. Dadurch, dass beim remote Arbeiten das Ergebnis der Arbeit im Vordergrund steht und nicht die Zeit, die man im Büro absitzt, arbeiten wir von ganz alleine mehr, denn wir wollen Projekte abschließen, Aufgaben zu Ende bringen und mit dem Ergebnis überzeugen. Meiner Meinung nach ist das natürlich auch ein absoluter Vorteil, aber eben auch ein Grund dafür, das regelmäßig Überstunden anfallen.
Außerdem ist die Arbeit beim remote Arbeiten schwerer von der Freizeit zu trennen. Ich nutze beispielsweise meinen privaten Laptop und mein privates Handy für die geschäftliche Kommunikation. Mir ist es immer möglich schnell mal etwas nachzuschauen oder Kleinigkeiten anzupassen, auch am Wochenende oder weit nach Feierabend. Um hier eine klare Trennung zwischen Arbeit und Freizeit zu bewerkstelligen, muss man sich klare Regeln setzen. Und diese sind manchmal gar nicht so einfach einzuhalten. Deshalb stellt dieser Punkt auch einen der größten Nachteile des remote Arbeitens für mich dar.
Soziale Kontakte
Wenn man eine remote Stelle annimmt, muss man sich dessen bewusst sein, dass es die morgendlichen Kaffeerunden mit den Kollegen, das gemeinsame Mittagessen, das Bier zum Feierabend – einfach das gemeinsame Miteinander – in der Art und Weise wie wir es bisher kennen, nicht mehr geben wird.
Gerade im Home Office kann es schnell sehr einsam werden, ohne physische, soziale Kontakte. Über diese Umstände muss man sich vorher Gedanken machen. Denn nur dann kann man abwägen, ob das eine Arbeitsweise ist, in der man sich wohl fühlt. Ich brauche soziale Kontakte und nur im Home Office zu arbeiten wäre für mich keine Option. Deswegen bevorzuge ich Co-Working Spaces, in denen man sich ein soziales Umfeld aufbauen kann und in denen es bereits bestehende Communities gibt, denen man quasi beitritt.
Nichtsdestotrotz ersetzt auch die Community des Co-Working Spaces nicht die sozialen Kontakte und den Zusammenhalt den man mit Kollegen aufbaut, wenn man 40h die Woche gemeinsam in einem Büro sitzt. Ich habe mich an diesen Umstand gewöhnt und finde es gar nicht schlimm, hauptsächlich über digitale Tools und Chatportale mit meinen Kollegen in Kontakt zu stehen. Durch meinen Co-Working Space habe ich die sozialen Kontakte, die ich benötige. Dennoch, für diejenigen, die immer gern unter Leuten sind und den persönlichen Austausch schätzen und brauchen, kann dieser Aspekt einen großen Nachteil am remote Arbeiten darstellen.
Kommunikation auf den digitalen Kanälen
Die digitale Kommunikation, die in remote Teams Gang und Gebe ist, ist gerade zu Beginn eine echte Herausforderung. Mal schnell zum Grafik Team am anderen Ende des Gangs laufen und die aktuellen Arbeitsschritte besprechen fällt leider aus. Dafür kommen nun Slack, Zoom und Hangout zum Einsatz. Zunächst muss man sich an die Handhabung dieser digitalen Kommunikationstools gewöhnen. Und auch daran, dass bei schlechter Internetverbindung mal der ganze Chat zusammenbrechen kann.
Die größeren Probleme bei der digitalen Kommunikation sind aber meiner Meinung nach nicht die Internetverbindung, sondern vielmehr die fehlende Mimik und Gestik, wenn man sich ausschließlich über Chats verständigt. Oft habe ich bei mir selbst schon feststellen müssen, dass das schnell zu Verunsicherungen führen kann. Das geschriebene Wort kann viel schneller falsch aufgenommen werden, als die selbe Aussage in einem face-to-face Gespräch. Ob der Kollege gerade gestresst ist und deswegen gerade kurz angebunden antwortet, oder ob er mit der Arbeit unzufrieden ist kann man aus einem Chat schlecht heraushören.
Kommunikation ist Key
An dieser Stelle ist es daher umso wichtiger, zu kommunizieren. Wenn man sich unwohl, falsch verstanden oder verunsichert fühlt, sollte das sofort angesprochen und aus der Welt geräumt werden. Wir müssen unser kommunikativen Fähigkeiten neu evaluieren und auf die digitale Kommunikation ummünzen. Hat man sich jedoch einmal daran gewöhnt, möchte man die digitale Kommunikation nicht mehr missen. Ich weiß es sehr zu schätzen, schnell mal eine Nachricht zu versenden und in wenigen Augenblicken meine Antwort zu bekommen. Anstatt in endlosen Meetings festzustecken, in denen 4/5 des Inhalts uninteressant für mich sind.
Remote Arbeiten trotz der Nachteile?
Ich denke, dass keiner dieser Nachteile des remote Arbeitens ein echter Grund ist, dem remote Arbeiten den Rücken zu kehren. Wichtig ist, dass man sich den Herausforderungen, die auf einen zukommen, bewusst ist und nicht völlig blauäugig damit rechnet, im nächsten Monat am Strand zu arbeiten. Das remote arbeiten ermöglicht es, flexibler und vor allem selbstbestimmt zu arbeiten. Dafür müssen wir aber auch die Down-Sights in Kauf nehmen. Und ganz ehrlich: wenn es so einfach wäre und es keine Nachteile geben würde, dann würden wir wohl alle schon remote arbeiten.
Viele meiner Freunde bewundern mich sogar dafür, dass ich alleine in Berlin bin und gar keinen physischen Kontakt zu meinen Kollegen habe. Ich kann dazu nur sagen, dass ich es richtig toll finde, wie es ist. Mittlerweile könnte ich mir eine andere Arbeitsweise auch gar nicht mehr vorstellen. Klar kostet es Eingewöhnung und Umstellung, aber was man dafür bekommt, ist es am Ende wert.
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Hey Judith. Vielen Dank für diese fundierte und hilfreiche Mitteilung!